Markt 1

Altes Rathaus, Markt 1
29 März 2022

Geschichte des Alten Rathauses Markt 1

 

1238
Mit der Stadtwerdung 1238 erhielt Telgte das Recht der Selbstverwaltung. Anfänglich trafen Stadtrichter und Schöffen, später Bürgermeister und Rat die stadtpolitischen Entscheidungen. Sitz der Verwaltungsbehörde war das Rathaus am Markt.
Stadtarchiv Telgte, Urkundenbest., Best. A

 

1499/1500
Vom ersten Rathaus besteht nur eine Handzeichnung, die sich beim Landesamt für Denkmalpflege in Münster befindet und das vermeintliche Aussehen des alten Rathauses wiederzugeben versucht. Sie zeigt das nach dem Stadtbrand 1499/1500 entstandene Rathaus mit einer zur Kapellenstraße hin gelegenen gotischen Bogenhalle, die aller Wahrscheinlichkeit nach bei öffentlichen Sitzungen des Stadtgerichtes und auch zur Aufstellung von Verkaufsständen benutzt wurde. Des Weiteren versammelten sich dort das Schöffenkollegium und der Rat. Zudem kamen dem Rathaus weitere Verwaltungsaufgaben zu: Es war zugleich Gerichtsstube und städtische Waage. Am Rathaus befand sich außerdem das städtische Ellenmaß, Ausdruck des Marktrechtes.
Stadtarchiv Telgte, Best. A

 

1786
Nach dem Siebenjährigen Krieg (1756 – 1763) erholte sich die wirtschaftliche Lage der Stadt Telgte mit der Entwicklung der Tuch- und Strumpfweberei. Als Ausdruck der städtischen Bedeutung wurde 1786 das vorhandene Rathaus am Marktplatz grundlegend erneuert. Zeitweilig (bis 1830) beherbergte es auch die Schule. Zwischen 1819 und 1854 war das Rathaus zugleich das Zollhaus der Stadt: Der Dachausbau auf der Westfront des Rathauses diente als Aufhängung für den Kran zum Wiegen der Zollwaren.
Stadtarchiv Telgte, Best. A, Best. B

 

1905/1908
Am 4. November 1905 fasste die Amtsversammlung den Entschluss, aufgrund von Raummangel ein größeres Amtshaus zu bauen. Eine Renovierung des alten Gebäudes lohnte sich nicht mehr; 1907 wurde sein Abbruch genehmigt. Das neue Rathaus am Marktplatz sollte von der Amtsverwaltung für einen Betrag von 500 Mark jährlich gemietet werden. Für die Bauarbeiten, die der bekannte Architekt Fritz Weinmann aus Münster leitete, wurden über 19818 Mark veranschlagt. Während der Bauzeit wurde das Amtsbüro vorübergehend in der Gastwirtschaft Hubert Schlautmann am Kirchplatz untergebracht.
Es entstand ein Bau in typischen Formen, mit malerischem, der Altstadt angemessenen Umriss. In der Front zur Kapellenstraße brachte man ein Chronogramm mit der Inschrift „Dein Wohl, Stadt Telgte, sei dieses Hauses einzige und ganze Sorge“ an, das sich dort bis 1953 befand. Im November 1908 war das neue Rathaus bezugsfertig. Die geräumige Dienstwohnung des Amtmanns mit fünf Zimmern, Küche und Bad befand sich im ersten Stockwerk. Die Diensträume der Verwaltung richtete man im Erdgeschoß und in der zweiten Etage ein.
Fred Kaspar, Stadtarchiv Telgte, Best. C

 

1974
Wegen steigender Einwohnerzahlen und der Entwicklung hin zu einer bürgernahen Verwaltung nahmen die Aufgaben der Stadtverwaltung zu und die räumlichen Kapazitäten im Rathaus am Markt waren nicht mehr ausreichend. Auch der Sitzungssaal war zu klein geworden. Ab 1967 wurden Rücklagen für einen Rathausneubau gebildet, 1970 der Rathausneubauausschuss gewählt und 1971 der Standort am Baßfeld festgelegt.
Am 11.Oktober 1974 wurde das neue Rathaus am Baßfeld eingeweiht; infolgedessen konnte das alte Rathaus für die Stadtbücherei, Volkshochschule und Touristik & Kultur genutzt werden.
Stadtarchiv Telgte, Best. D

 

1984
Bei Umbauarbeiten 1984 entdeckte man in der Westfront des Rathauses Dokumente, die dort 1907 eingemauert worden waren. Es handelt sich dabei um verschiedene Dokumente: Kirchenrechnungen, Gerichtsakten, Nachlassregelungen und einigen Kleinmünzen aus dem Jahr 1907.
Stadtrchiv Telgte, Best. D, Zeitungssammlung

 

1986
Das ehemalige alte Rathaus Markt 1, wurde am 25. Februar 1986 in die Liste der Baudenkmäler in Telgte mit folgenden charakteristischen Merkmalen eingetragen:

Zweigeschossiges Eckgebäude mit ausgebautem pfannengedecktem Mansarddach; zum Marktplatz traufenständig mit Mittelrisalit; darin links im Untergeschoß der Eingang; Okulus in der Giebelspitze des Mittelrisalits; hoher Werksteinsockel; Eckerker über breiten Konsolen zur Kapellenstraße; rechts daran anschließend Balkon mit originalem Eisengitter im späten Jugendstil; Fenster zum größten Teil original; stark profiliertes Kranzgesims auf Eckkonsolen; moderner Eingang im Untergeschoß rechts auf der Marktseite; originale Kellervergitterung; Zwerchhaus in der Verlängerung des rechten Eingangs mit leicht vorkragendem Giebel.
Dr. Fred Kaspar

 

2001
Seit 2001 gehört das alte Rathaus mit dem angrenzenden Neubau zum Treffpunkt Telgte, in dem Stadttouristik, Stadtbücherei und Volkshochschule untergebracht sind.
Stadtarchiv Telgte, Best. E, Zeitungssammlung

Danksagung
Ich möchten mich bei allen herzlich bedanken, die mich mit Informationen unterstützt haben,  Dr. Fred Kaspar, Klaus Schwinger, Ingo Mayer, Britta Stratmann, Dr. Cornelia Kneppe und Julia Plötzgen.

Hilmar Henke

Bemerkungen zu den Bildern
Bild 1:
Diese Rekonstruktionszeichnung für das erste Rathaus 1499/1500 in Telgte liegt im Archiv des Westfälischen Amts für Denkmalpflege in Münster.

Bild 2 und 3:
Das grundlegend erneuerte erste Rathaus von 1787.

Bild 4:
Die lateinische Inschrift in dem Chronogramm im Giebel zur Kapellenstraße lautet: Deo favente Telgetani expensis civitatis renovabant curiam.
Übersetzt: Durch Gottes Gnade, Gunst, Hilfe erneuerten die Telgter nach Vergrößerung der Stadt das Rathaus.
Die hervorgehobenen römischen Zahlenbuchstaben ergeben einzeln addiert das Jahr 1787. Inschriften auf Bauwerken, geben in Chronogrammen sehr häufig den Abschluss des Baus oder der Renovierungen an.

Bild 5:
Das zweite Rathaus 1907/1908.

Bild 6:
Die lateinische Inschrift in dem Chronogramm im Giebel zur Kapellenstraße lautet: SaL Vs tVa CIVIt as tilgetan a sIt hVIs DoMVs VnICa CaV safIsqVe tot Vs.
Übersetzt: Dein Wohl, Stadt Telgte, sei dieses Haus einzige und ganze Sorge.