Christian Westphälinger

Christian Westphälinger

Kleine Mühle, Emstor 5

Die beiden Telgter Emsmühlen, die Große und die Kleine Mühle, gehörten jahrhundertelang zum Besitz des Fürstbischofs in Münster und wurden durch Pächter betrieben. Die Geschichte der Kleinen Emsmühle reicht sehr weit zurück, die erste urkundliche Erwähnung einer Mühle stammt aus dem Jahr 1137.
Die „Kleine Mühle“ befindet sich derzeitig im Eigentum der Stadt Telgte.
Stadt Telgte, Dr. Jürgen Voßhans

1776
Als Heinrich Anton Terfloth 1776 die Telgter Mühlen für seinen Sohn Clemens August Anton Terfloth (1758-1833) vom Fürstbischof von Münster in Erbpacht übernahm, tat er dies für einen Achtzehnjährigen. Er selbst der Wiegemeister aus Greven, der mit der aus Ungarn stammenden Elisabetha Zwerger verheiratet war, offenbarte dabei eine Zielstrebigkeit, die sichtlich darauf angelegt war, die existentielle Grundlage für eine Generationenfolge zu schaffen.
Stadt Telgte

1790
Clemens August Anton Terfloth (1758-1833) heiratet am 11.5.1790 Christine Ernesti, die Tochter des Telgter Kaufmanns und Holzhändlers Bernd Joseph Ernesti. Dieser stammte aus Münster und hatte 1765 das Telgter Bürgerrecht erworben. Clemens August Anton Terfloth indes wurde mit den Telgter Bürgerrechten im Jahr nach seiner Heirat (1791) belehnt.
Mit Christine Ernesti hatte Clemens August Anton Terfloth nicht nur eine außerordentlich tüchtige Lebensgefährtin gewonnen, sondern auch eine Frau, die später ein erhebliches väterliches Erbe in die Familie brachte. Aus der Ehe gingen zwölf Kinder - zwei Söhne und zehn Töchter – hervor, die zum Teil jedoch schon in frühen Jahren der Familie durch den Tod wieder genommen wurden. Auch beide Söhne überlebten ihren Vater nicht. Anton Clemens August Katharina, der älteste, geboren am 14.5.1791, stand, als er an „Zehrung“ starb, 1823 in militärischen Diensten. Der zweite Sohn, geboren am 13.11.1802, starb in noch jüngerem Alter. Er trug den Namen Clemens August Maria Terfloth.
Stadt Telgte

1803
Nach der Aufhebung des Fürstbistums Münster im Jahre 1803 wurde der preußische Staat Eigner der Emsmühlen. Allerdings ergab sich für Clemens August Anton Terfloth die Möglichkeit, die Mühlen als Eigentum zu erwerben. Als er 1833 starb, führte seine Frau Christine Terfloth die Verhandlung weiter. 1838 gelang es ihr, zum Verkaufsabschluss mit der Provinzialregierung zu kommen und den Mühlenhof mit den Emsmühlen für ihre Familie zu sichern. Als Christine Terfloth geborene Ernesti 1850 starb, erbten ihre vier unverheirateten Töchter den Besitz, Angela, Lisette, Dina  und Maria Angela Franciska Terfloth (1798-1883), die ihre Schwestern um 20 Jahre überlebte. Bis zu ihrem Tod 1883 war sie Alleineigentümerin. Sie vererbte ihr Privatvermögen mit dem Haus am Markt 3 (früher Nr. 141) an ihre Nichten Laura und Fanny Meckel. Im Testament wurde genau festgehalten, wie die Mühle in den folgenden Generationen weitervererbt werden musste, damit das Erbe ungeschmälert der Familie erhalten blieb und nicht an die Familie eines möglichen Schwiegersohnes fiel.
Stadt Telgte

1860
In den 1860er- Jahren errichtete Angela Terfloth unter dem Verwalter Bernhard Kappenwerth auf der rechten Uferseite eine Sägemühle. Sie hatte zwei Fallgitter und eine Kreissäge. Jedes Gatter war immerhin mit etwa 10 Sägeblättern ausgestattet, so dass die Sägemühle recht leistungsfähig und vielleicht der einträglichste Teil des Gesamtunternehmens war.
Stadt Telgte

1871
Die Mühlenbesitzerin Fräulein Maria Angela Franciska Terfloth (1798 – 1883) beauftragte den Mühlenbaumeister Heinrich Remme aus Brochterbeck mit der Planung einer neu anzulegenden Sägemühle. Am 2.3.1871 stellte der Mühlenbaumeister seinen Entwurf über die neue Sägemühle vor. Statt der vorgesehenen Wasserturbine wurde ein Wasserrad eingebaut.
Am 13.10.1871 erfolgte die Genehmigung von der Königlichen Regierung in Münster zum Umbau der Sägemühle.
Stadt Telgte

1874
Nur drei Jahre später, beauftragte die Mühlenbesitzerin Fräulein Maria Angela Franciska Terfloth (1798 – 1883) erneut den Mühlenbaumeister Heinrich Remme aus Brochterbeck mit der Planung des Umbaues der Mahlmühle. Am 26.2.1874 stellte der Mühlenbaumeister seinen Entwurf über den Umbau vor. Die Mühle soll mit dem Einbau eines Wasserrades statt der vorhandenen 3 Wasserräder umgebaut werden.
Am 4.5.1874 erfolgte die Genehmigung von der Königlichen Regierung in Münster zum Einbau eines Wasserrades statt der vorhandenen 3 Wasserräder.
Stadt Telgte

1890/91
Im Winter 1890/91 brannte die Sägemühle bis auf die Grundmauern ab. Als Versicherungssumme wurden 10 000,- M bezahlt. Es ist heute nicht mehr festzustellen, warum die Sägemühle nicht wieder aufgebaut wurde.
Stadt Telgte

1899
Albert Bruens (1870-1952) kam 1899 aus Anholt als Verwalter der Terflothschen Mühlen nach Telgte. Er heiratete Antonia Becker, eine Nichte von Anna Laura Bernadina Meckel (1837-    ) auch sie wohnten im Haus Markt 3 (früher Nr. 141).
Stadt Telgte

1902
Im Jahre 1902 wurde am Dümmert die neue „Kleine Mühle“ auf den Fundamenten der 1890/ 1891 abgebrannten Sägemühle errichtet. Die alte Mühle auf der gegenüber liegenden Seite war damals so baufällig, dass sie stillgelegt werden musste. Die schweren eichenen Balken wurden beim Bau der neuen kleinen Mühle mit verwendet. Das neue zweigeschossige Mühlengebäude mit massivem Erdgeschoss sowie ausgemauertem Fachwerk im Obergeschoss und Giebel wurde nicht mehr mit einem Wasserrad, sondern mit einer ca. 80 PS starken Francisturbine der Firma Briegleb, Hansen & Co., Gotha, mit einem Mahl- und einem Schrotgang neuzeitlich eingerichtet. Als Berater für diesen Umbau trat Direktor Kalt von der Prüfungsstation für landwirtschaftliche Maschinen in Münster in Erscheinung. Gleichzeitig richtete die Firma im Neubau einen Mehl- und Futtermittelhandel ein und ließ nachträglich noch einen zweiten Schrotgang einbauen. Zur Bequemlichkeit der vielen kleinen Ackerbürger in Telgte fuhr damals fast täglich ein „Korndriewer“ mit einem Mühlenwagen durch die Straßen, um Korn abzuholen und Mehl und Futtermittel zurückzubringen. Der letzte Korndriewer war Bernhard Schwienhorst, der länger als 40 Jahre der Firma gedient hat.
Stadt Telgte, Dr. Jürgen Voßhans

1908
Die Firma A. Terfloth ging wegen hoher Verbindlichkeiten 1908 in Konkurs. Der Bauunternehmer Heinrich Hardensett aus Telgte kaufte den neu gebauten Mühlenhof, die Große Mühle und die „neue Kleine Mühle“ am Emstor, jedoch ging die „neue Kleine Mühle“ vertraglich erst 1914 in seinen Besitz über. Die Große Mühle wurde stillgelegt und die Kleine Mühle von Albert Bruens weitergeführt.
Stadt Telgte

1914
Die kleine Mühle am Emstor wurde 1914 an Friedrich Dunkel verpachtet, der noch eine Handelsmühle an der Ecke Bahnhofstraße/Grabenstraße Nr. 35-37 betrieb. Hier hatte auch die Bäuerliche Bezugs- und Absatzgenossenschaft, die in Telgte 1910 gegründet wurde, ihre erste Niederlassung. Dunkel hat die kleine Mühle nach der Inflation im Jahre 1924 mit drei Doppelwalzenstühlen der Firma Seck in Dresden zur Handelsmühle umbauen lassen und

betrieb die Handelsmühle bis Juni 1956.
Stadt Telgte

1931/32
Friedrich Dunkel ließ in nördlicher Richtung ein Lagergebäude errichten, das an die typische Industriearchitektur der 1920er Jahre angelegt war.
Dr. Jürgen Voßhans

1956
Sein Sohn Fritz Dunkel kam nach dem zweiten Weltkrieg in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Die Müllereimaschinen wurden veräußert und die Mühle mit der Wasserkraft an Kurt Teichert verkauft. Damit war das Ende der Wassermühlen zu Telgte gesetzt. Ein über 1000- jähriges, wechselvolles Kapitel war abgeschlossen.
Stadt Telgte, Dr. Jürgen Voßhans

1961
Teichert, der eine Großhandlung betrieb, nutzte von da an die Wasserkraft nur zur Stromerzeugung für den eigenen Betrieb. In den 1980er-Jahren verkümmerte das markante Gebäude am Emstor zu einem unscheinbaren Lagerhaus, deren bauliche Substanz offenkundig verfiel.
Dr. Jürgen Voßhans

1979
Die Mühle befindet sich derzeitig im Eigentum der Stadt Telgte. Die Stauanlage wurde 1979 umfangreich saniert. Das ursprüngliche Staurecht wurde 1979 mit der Stillegung der alten Turbinenanlage gelöscht. Das Land NRW wurde Eigentümer der Emsstauanlage. 1990 wurde dann von der Stadt Telgte für diesen Standort erneut die Erlaubnis zur Wasserentnahme aus der Ems zum Zweck der Wasserkraftnutzung beantragt und in der Folge erteilt. Die damals geplante Nutzung – Durchströmung einer Wasserradanlage zur Energiegewinnung – konnte wegen technischer Probleme nicht umgesetzt werden. 2004 wurde mit dem Einbau der jetzigen Turbine, die o. a. vorhandene Erlaubnis der Stadt Telgte an die ECM- Energie Concept Münster GmbH (als Rechtsnachfolgerin, 2004) abgetreten.
Dipl.-Ing. Klaus Brockmeier

1988
Das zweigeschossige Mühlengebäude mit massiven Backsteinerdgeschoß sowie ausgemauertem Fachwerk im Obergeschoß und Giebel wurde am 01.08.1988 in die Liste der Baudenkmäler der Stadt Telgte unter der Lfd. Nr. 1/96 eingetragen.
Stadt Telgte

2001
Das Kinder- und Jugendwerk Telgte e.V. wurde im April 2001 gegründet und betreibt in enger Kooperation mit der Stadt Telgte das Jugendzentrum in der Mühle am Emstor als Einrichtung der offenen Kinder- und Jugendarbeit mit zwei hauptamtlichen Fachkräften. Darüber hinaus ist das Kinder- und Jugendwerk Träger der aufsuchenden Jugendarbeit mit einer hauptamtlichen Fachkraft.
Stadt Telgte

2004
2004 wurde mit dem Einbau der jetzigen Rohrturbine, die o. a. vorhandene Erlaubnis der Stadt Telgte an die ECM- Energie Concept Münster GmbH (als Rechtsnachfolgerin, 2004) abgetreten.
Dipl.-Ing. Klaus Brockmeier, Philipp Kruse

2006
Der Arzt Dr. med. dent. Jürgen Voßhans kaufte am 13. April 2006 das nördlich angrenzende Lagergebäude der „Kleinen Mühle“ und richtete seine oralchirurgische Praxis ein.
Die Anbauten im Stil der Industriearchitektur entstanden in den 1930er-/1940er-Jahren und dienten als Pferdestall, Motor-, Lager- und Büroraum. Besitzer war damals Friedrich Dunkel, der die Handelsmühle bis 1956 betrieb.
Dr. Jürgen Voßhans, Stadt Telgte

 

Danksagung
Ich möchte mich bei allen herzlich bedanken, die mich mit Auskünften und Fotos unterstützt haben, Dr. Fred Kaspar, Dr. med. dent. Jürgen Voßhans, Dipl.-Ing. Klaus Brockmeier, Philipp Kruse, Klaus Schwinger, Jutta Holtkötter, Julia Plötzgen, Hans Melchers und Albert Bruens.

Hilmar Henke

Bemerkungen zu den Bildern

zu Bild 1:
Sägemühle und kleine Kundenmühle „Westansicht“.
Nach einem Aquarell von Prof. Carl Determeyer, gemalt nach einer Fotografie aus den Jahre 1875, im Besitz von Albert Bruns, Telgte.
Stadt Telgte

zu Bild 2:
Die vier unverheirateten Geschwister.
Maria Angela Franciska Terfloth   (1793 -1883).
Catharina Gertrud Terfloth          (1796 – 1869).
Anna Maria Elisabeth Terfloth      (1800 – 1864).
Barbare Bernadina Terfloth         (1810 – 1863).
Stadt Telgte

zu Bild 3:
Entwurf des Mühlenbaumeisters Heinrich Remme aus Brochterbeck vom 2.3.1871 über eine neu anzulegende Sägemühle für Mühlenbesitzerin Fräulein Angela Terfloth zu Telgte a. d. Ems.
Stadt Telgte

zu Bild 4 & 4.1:
Zeichnung des Mühlenbaumeisters Heinrich Remme aus Brochterbeck vom 26.2.1874 über den Umbau der Kornmahlgänge in der Mühle des Fräulein Angela Terfloth zu Telgte a. d. Ems zum Einbau eines Wasserrades statt der vorhandenen 3 Wasserräder. Auf dem Foto 4.1 sind noch die drei Wasserräder zu erkennen.
Stadt Telgte

zu Bild 5:
1902 wurde am Dümmert die neue „Kleine Mühle“ auf den Fundamenten der abgebrannten Sägemühle errichtet.
Hans Melchers

zu Bild 6:
Die Kleine Mühle, ist seit 2001 ein Jugendzentrum.
Hilmar Henke

zu Bild 7:
Friedrich Dunkel übernahm noch in den 1890er-Jahren eine Handelsmühle an der Ecke Bahnhofstraße/Grabenstraße Nr. 34-37. Hier hatte auch die Bäuerliche Bezugs- und Absatzgenossenschaft, die in Telgte 1910 gegründet wurde, ihre erste Niederlassung.
Stadt Telgte

zu Bild 8:
Bild um 1980
Der zwerghausähnliche Dacheinbau mit seinem Pultdach auf der Westseite der Mühle, ist bei Erneuerung des Daches nicht übernommen worden.
Stadt Telgte

zu Bild 9:
LWL-Bild- und Planarchiv Nr. Telgte, Emstor 5 TKD-Film 1865 Neg_30.

zu Bild 9.1.
LWL-Bild- und Planarchiv Nr. Telgte, Emstor 5 TKD-Film 1865 Neg_32.
Das seit einiger Zeit schon stillgelegte Wasserrad, wurde für die Baumaßnahme der neuen Rohrturbine abmontiert.
ECM Energie Concept Münster GmbH, Philipp Kruse

zu Bild10 und 11:
Zeichnung und Einbaulage der Rohrturbine, der Fa. WP Waterpumps Oy, Helsinki
50kW mit Direktgekoppeltem Asynchrongenerator.
ECM Energie Concept Münster GmbH, Philipp Kruse

zu Bild 12:
In dem nördlich angrenzenden ehemaligen Lagergebäude der Kleinen Mühle, richtete Dr. med. dent. Jürgen Voßhans seine oralchirurgische Praxis ein.
Hilmar Henke

 

Notruf in der Warteschleife

Der Heimatverein Telgte hat sich Anfang 2013 mit dem Thema „Hilfe in Notfällen„ befasst. Ziel war es, die von der Stadt Telgte übernommene Pflege der Ruhebänke in der Stadt zu erweitern und die Bänke mit einem System zu versehen, welches im Notfall schnelle Hilfe leistet. Die Stadt hat mit dem Heimatverein Telgte ab Januar 2013 mit der Grundlagenbeschaffung begonnen.

Vorstellung der Aufgaben der AG-Bänke

Da der Heimatverein Telgte von 1900 e.V. seinen Ursprung auch als „Verschönerungs-Verein“ hat, wurde am 12.06.2014 mit der Stadt Telgte ein Vertrag über die Pflege und Unterhaltung der Parkbänke geschlossen.

Geschichte des Wohn- und Geschäftshauses Markt 2

 

 

Das Haus Markt 2 ist insofern bemerkenswert, weil hier früher die
Kaufmannsfamilie Schräder ansässig war, die im 19. Jahrhundert das
Wirtschaftsleben in Telgte entscheidend mitbestimmt hat.

 

1773
Johann Hermann Schräder (geb. 1746 in Bevergern) lässt sich in Telgte als Toddenhändler nieder. Als Stoff- und Tuchhändler legt er den Grundstein für mehrere Generationen überdauernden Erfolg der Unternehmerfamilie.
Vorstellbare Gründe für seine Abwanderung sind jahrzehntelange Grenzstreitigkeiten mit den Nachbarorten oder das Fehlen einer Walkmühle in Bevergern. Außerdem wurde nicht jeder Handwerker bzw. Tuchmacher in eine Gilde aufgenommen und die Absatzmöglichkeiten der Schräderschen Waren wahren schlecht.
Stadtarchiv Telgte, Stadtarchiv Hörstel Sabine Jarnot

1790
Johann Hermann Schräder lässt das Haus Markt 2, früher Telgte-Stadt Nr. 142, errichten.
Über dessen Sohn Andreas (1788-1858) heißt es in einer Akte des Stadtarchivs, dass er Handel mit ,,Ellen-Waren und Tüchern" trieb und gute Geschäfte machte. Dessen Söhne, Carl (1820-1899) und August (geb. 1822), führten dieses Geschäft weiter, das als ,,Manufakturwarengeschäft en detail und Handel mit Bettfedern en gros" bezeichnet wurde. Ihre Kleidung und die Aussteuer kauften die Telgter also damals bei Schräders.
Stadtarchiv Telgte

1861
Carl Schräder gründet zusammen mit seinem Bruder August eine Bettfedernreinigungsfabrik in einem Hinterhaus des Wohngebäudes Markt 2, das früher als Stallung oder Scheune gedient hatte.
Im April 1865 wird dort ein Dampfkessel zur Bettfedernreinigung aufgestellt, der aber wegen technischer Schwierigkeiten nie in Betrieb gesetzt wurde.
1872 begannen die Brüder mit dem Aufbau einer neuen Fabrik zum Reinigen von Bettfedern an der Herrenstraße 8.
Stadtarchiv Telgte

1905
Das Haus Markt 3, (früher Stadt Nr. 141) wird von Schräders gekauft, ausgebaut und mit dem Haus Markt 2 (früher Stadt Nr. 142) zusammengelegt.
Der Ausbau im hinteren Bereich der beiden Häuser geschah zugleich, sodass ein Haus mit einem gemeinsamen tragenden Fachwerk sowie gemeinsamen Zwischenböden entstand. Im vorderen Bereich wurde die Aufstockung Markt 3 an das Haus Markt 2 angebaut, sodass es hier keine Brandmauer gibt. Heute noch sieht man, dass die Etagen exakt auf derselben Höhe liegen.
Stadtarchiv Telgte

1912
Das Manufakturwarengeschäft der Familie Schräder gerät in Konkurs und die Immobilie muss verkauft werden.Schräders besaßen nicht nur die Bettfedernfabrik, sondern hatten im Laufe der Zeit noch andere Immobilien und Betriebe aufgekauft, beispielsweise die große Weberei Ferdinand Rohling und Hugo Rawe in Verth 78 (heute Winkhaus) die 1904 in Konkurs geriet. Diesen Betrieb wandelte August Schräder in die Aktiengesellschaft „Telgter Weberei und Bleicherei AG“ um. Trotz aller Bemühungen kam die Fabrik nicht wieder richtig in Gang, sodass 1909 Konkurs angemeldet werden musste. Ein weiteres Unglück im selben Jahr war, dass die Aerogengasanstalt, die August Schräder ebenfalls besaß, durch eine Explosion zerstört wurde.
Stadtarchiv Telgte

1925
Joseph Hansen kauft das Haus Markt 2 und richtet darin eine Druckerei ein.
Anton Moritz Hansen (1833-1919) aus Geseke übernahm mit 29 Jahren die Buchbinderei Kapellenstraße 7, (früher Stadt Nr. 52) durch Einheirat mit der Witwe des Buchbinders Schepers.
Schon früh (1906) begann Sohn Joseph Hansen (1878-1940), in Telgte mit dem Betrieb einer Etikettenfabrik und einer Buchdruckerei am Münstertor 2. (früher Stadt Nr. 506).
Stadtarchiv Telgte

1954
Wolfgang Hansen (1927-2009) Sohn von Joseph Hansen, verlegt seine Druckerei in das Gewerbegebiet Orkotten. Das Erdgeschoss des Hauses Markt 2 wird wenige Jahre später als Geschäftslokal vermietet.
Stadtarchiv Telgte

1955
Ernst und Eleonore Kratz beziehen einen Fabrikationsraum und eine kleine Wohnung im Haus und eröffnen die Hutfabrik Kratz. Ernst Kratz beschäftigt dort insgesamt drei junge Frauen, die mit den vorhandenen Nähmaschinen Sommerhüte fertigen.
Stadtarchiv Telgte

1956
Ernst Kratz stirbt an einer Herzembolie und die Hutfabrik wird beim Gewerbeamt wieder abgemeldet. Nach der Schließung der Hutfabrik im Jahre 1956 diente das Haus bis in die 1970er Jahre verschiedenen Zwecken: u.a. als Wohnhaus, Drogerie - „der seifen platz“, oder auch umgangssprachlich "seifen-puls" genannt und das Blumengeschäft-Böttcher.
Stadtarchiv Telgte

1960
Der Schuster Theo Kemper betrieb seine Werkstatt im Erdgeschoss des Hauses Markt 2. Eingang war zwischen dem Rathaus und der Druckerei bis 1972. Siehe Bild: 4, 6, 7.
Stadtarchiv Telgte

1973
Das Schreib- und Spielwarengeschäft Hansen ist von der Kapellenstraße 8 (früher Stadt Nr. 506). zum Markt 2 umgezogen. Eröffnung der neuen Räume am Markt, war der 1. Dezember 1973.
Durch den Umbau des Hauses Markt 2, konnte die Verkaufsfläche um mehr als das Doppelte erweitert werden. Daher war es möglich, das vorhandene Angebot mit weiteren Artikeln zu erweitern.
Westfälische Nachrichten

1991
Inhaberin  Ursula Hansen  e. K. führt das Fachgeschäft für Spielwaren, Schreibwaren und Schul-und Bürobedarf, ab 1991 bis heute in vierten Generation.
Hilmar Henke

Danksagung:
Ich möchte mich bei allen herzlich bedanken, die mich mit Informationen unterstütz haben,  Dr. Fred Kaspar, Klaus Schwinger, Tourismus + Kultur, Ingo Mayer, Britta Stratmann, Julia Plötzgen und Ursula Hansen.

Hilmar Henke

Bemerkungen zu den Bildern

zu Bild 1: Postkarte um 1905.
(v.l.) Rathaus Markt 1. Die beiden Nachbarhäuser gehörten der angesehenen und wohlhabenden Kaufmannsfamilie Schräder.
Stadtarchiv Telgte

zu Bild 2: Etikett vor 1925. Joseph Hansen verlegte seine Druckerei von der Kapellenstraße 52 zum Mart 2.
Hilmar Henke

zu Bild 3: von November 1953. Markt 2 zwischen dem Rathaus und der Druckerei Hansen ist noch der Eingang zur Arbeitsstätte des Schusters Theo Kemper zu sehen.
Ursula Hansen

zu Bild 4:  Markt 2, von April 1957.
Stadtarchiv Telgte

zu Bild 5:  Dieses Foto wurde von der Münsterstraße  Richtung Marktplatz im Juni 1963 aufgenommen.
(v.l.) Altes Rathaus, Schuster Theo Kemper, Wolfgang Hansen und REWE-Lebensmittelgeschäft Albert Pieper.
Ursula Hansen

zu Bild 6: Dieses Foto wurde von der Steinstraße Richtung Marktplatz im Juni 1963 aufgenommen.
(v.l.) Altes Rathaus, Schuster Theo Kemper, Wolfgang Hansen.
Ursula Hansen

zu Bild 7: Um 1980, Wolfgang Hansen Schreibwaren mit einer Glasvitrine vor dem Eingang.
Stadtarchiv Telgte

zu Bild 8: Samstag 1. Dezember 1973 Eröffnung nach dem Umbau.
Westfälische Nachrichten

zu Bild 9: Zeichnung aus dem Buch "Telgte in alten Ansichten" um 1908. Die Etikettenfabrik und Buchdruckerei von Joseph Hansen am Münstertor 2.
Hans Melchers

zu Bild 10: Buchbinderei und Buchdruckerei Anton Moritz Hansen (1833-1919) Kapellenstraße 52.
Stadtarchiv Telgte

 

Geschichte des St. Klara-Hauses, Herrenstraße 7

Das Fachwerkhaus ist insofern bemerkenswert, weil hier früher Pater Christoph Bernsmeyer, Gründer des Ordens der Mauritzer Franziskanerinnen gewohnt hat.

17. Jahrhundert
Das vermutlich im späten 17. Jahrhundert errichtete Fachwerkhaus mit vorkragendem Giebel ist in mehrfacher Hinsicht von großer historischer Bedeutung. In dem Giebelbalken steht:
„Alls wat wi sind un häft kümp von buorben In usse Maoderspraok Haer laot Di luoben“
das heißt: „Alles Gute kommt von oben In unserer Muttersprache Herr lass dich loben.“
Durch seine zweigeschossige Hausfront und ungewöhnliche Raumstruktur hob es sich von der sonstigen Bebauung in Telgte ab. Im vorderen Drittel des Hauses sind die Räume zweigeschossig angeordnet, erst dahinter befinden sich die zeittypische hohe Küche und rückwärtig eine unterkellerte Saalkammer. Als reines Wohnhaus ohne Wirtschaftsdiele geplant, wurde es noch im 19. Jahrhundert vornehmlich von Bediensteten der Kirche als bescheidene Unterkunft genutzt.
Dr. Fred Kaspar, Stadtarchiv Telgte

1800
Die ursprüngliche Erschließung des vorderen Obergeschoßraumes sowie des Dachbodens ist noch erkennbar. Hier ist wohl um 1800 ein Umbau bzw. eine Neugestaltung vorgenommen worden. Der hierbei geschaffene Zustand ist bis heute erhalten geblieben.
Dr. Fred Kaspar

1820
Von 1820 bis 1858 wohnte hier der Franziskanerpater Christoph Bernsmeyer (1777-1858) aus Rietberg, der seit 1808 als Seelsorger in der Pfarrei aushalf. Er bewohnte die erste Etage des Hauses, das damals als Vikarie der Gemeinde diente. 1844 legte er den Grundstein für das „Krankenspital auf der Hülle“ in Telgte,  das heutige „St.-Rochus-Hospital“. Hieraus gründete er den Orden der Mauritzer Franziskanerinnen, die sich heute weltweit in der Pflege und Betreuung kranker Menschen engagieren.
Dr. Fred Kaspar, Stadtarchiv Telgte

1960
Spätere Baumaßnahmen des 19. und 20. Jh. beschränkten sich weitgehend auf Modernisierungsmaßnahmen, wobei der Ersatz des rückwärtigen Fachwerkgiebels um 1960 durch eine massive Backsteinwand, zusammen mit der hier vorgenommenen Änderung des Daches zu Krüppelwalm am stärksten in die Substanz eingegriffen hat (die Konstruktion des alten Giebels bleibt an den erhaltenen Eckständern noch erkennbar).
Der Zustand, wie er zur Zeit von Pater Bernsmeyer bestanden hat, ist heute, bis auf einige Baumaßnahmen, noch weitgehend erhalten geblieben.
Dr. Fred Kaspar

1990
Nach der Übernahme durch die Genossenschaft der Franziskanerinnen in Münster ist das „Schwesternhaus St. Klara“ seit 1990 ein Ort der Besinnung. Es gibt einen Raum, in dem deutlich wird, dass die ehemalige Vikarie heute ein Konvent ist. In dem ehemaligen Kartoffelkeller hat sich Schwester Theodore eine Hauskapelle eingerichtet, mit Kniebänken, Kreuz, Kerze, Ikone und Tabernakel, in dem sie den Leib Christi für die Krankenkommunion aufbewahrt, zu der sie regelmäßig aufbricht.
Stadtarchiv Telgte, Michael Bönte

2016
An der denkmalgeschützten Eichentür, die bauzeitlich dem späten 17. Jahrhundert zugeordnet werden kann, zeigten sich Risse in den Verkittungen und Abplatzungen am Lack. Um die denkmalgeschützte Tür zu erhalten, wurde die Lackoberfläche der historischen Tür von einem Restaurator aufgearbeitet. Die Lackoberfläche der Außenseite wurde mit Hilfe einer Speetdheater-Infrarotlampe bearbeitet und die Farbschichten substanzschonend abgetragen. Nach dem Schleifen und Grundieren der Oberfläche wurden die Längsfugen zwischen den Profilbrettern mit einer Fugenversiegelungsmasse geschlossen. Die Außenfläche der Tür wurde mit einem ventilierenden Lack nach der vorhandenen Farbgebung neu beschichtet und zweifarbig mit Strichen abgesetzt. Für die Zeit der Restaurierung wurde der Nebeneingang zum „Paotersgänsken“ genutzt.
Schwester M.Dietmara, Schwester M. Raphaelis, Provinz-Echo, Ralf Körner

 

Danksagung
Ich möchten mich bei allen herzlich bedanken, die mich mit Informationen unterstütz haben, Dr. Fred Kaspar, Reinhold Schmelter, Schwester M. Dietmara, Schwester M. Raphaelis, Provinz-Echo, Schwester Theodore, Ralf Körner und Klaus Schwinger.

Hilmar Henke

 

Bemerkungen zu den Bildern
zu Bild 2:
Ersatztürblatt während der Reparaturdauer.
Foto: Schwester M. Dietmara, Schwester M. Raphaelis, Provinz-Echo.

zu Bild 3:
Außenfläche der Tür während des Entlackens.
Foto: Ralf Körner (Restaurator).

zu Bild 4:
Tür nach der Restaurierung
Foto: Hilmar Henke

zu Bild 5:
Kapelle
Foto: Hilmar Henke

zu Bild  6:
Giebelinschrift
Foto: Christian Westphälinger

 

Geschichte des Wohn- und Geschäftshauses Emsstraße 1

 

1670
Das ursprüngliche eingeschossige Dielenhaus, das um 1670 errichtet wurde und dessen Fachwerk-Kern im rückwärtigen Teil noch erhalten ist, bot genügend Platz für den Wohn- und Wirtschaftsbereich sowie einen Laden zum Verkauf von Kolonialwaren und Lebensmitteln.
Stadtarchiv Telgte

1762
Seit 1762 gehörte das Haus dem Bäckermeister Friedrich Anton Zurbrüggen (1732-1771) aus Telgte. Es ist anzunehmen, dass er die Backwaren in seinem Laden verkauft hat. Er hatte das Bürgerrecht und war Mitglied der Bäckergilde. 1767 heiratete er Anna Maria Rüschhoff aus Harsewinkel. Nach dem Tod ihres Ehemannes heiratete sie 1772 den Kaufhändler und Krämer Johann Theodor Koch, geb. 1749 in Fürstenau.
Stadtarchiv Telgte

1772
Durch „Witwenheirat“ 1772 kam das Haus in den Besitz des Kaufhändlers Johan Theodor Koch. Seit den 1820er- Jahren beherbergte es neben dem Krämerladen noch eine Gastwirtschaft, die von dem Tierarzt Gerhard Stentrup, der von 1867 bis 1896 hier praktizierte, als Nebenerwerb weitergeführt wurde.
Stadtarchiv Telgte

1848
Von ca. 1848 bis Anfang der 1870er Jahre hat außerdem die Familie Terfloth (Mühlenbesitzer) in dem Haus gewohnt, anschließend der Telgter Arzt Dr. med. Ferdinand Fowé, der 1875 verstorben ist.
Stadtarchiv Telgte

1890
Um 1890 ließ er den vorderen Teil des Hauses durch ein zweites Stockwerk aufstocken.
Stadtarchiv Telgte

1904
Die Witwe Elisabeth Stentrup ließ den zum Markt hin architektonisch aufwendigen Giebel 1904 zu einem Renaissance-Giebel umbauen.
Stadtarchiv Telgte

1928
Möglicherweise noch vor dem Ersten Weltkrieg eröffnete der Kaufmann Heinrich Wientgen (1858-1939) einen Laden in dem Haus, der 1928 von Heinrich Füchtenhans (Lebensmittelhändler) und dessen Schwiegersohn Hermann Bieling (Kolonialwarenhändler) weitergeführt wurde.
Stadtarchiv Telgte

1935
Der schöne Renaissance-Giebel, der seit 1904 die Fassade schmückte, wurde durch einen schlichten Treppengiebel ersetzt. Besitzer des Hauses war damals Heinrich Füchtenhans.
Stadtarchiv Telgte

1958
Ab 1958 hat Albert Pieper in dem Haus den ersten REWE-Lebensmittel-Selbstbedienungsladen in Telgte betrieben. In den 1970er Jahren ließ Maria Pieper umfangreiche Renovierungs- und Umbaumaßnahmen durchführen, u.a. die Vergrößerung des Ladenlokals. Nachfolger des REWE-Lebensmittel-Selbstbedienungsladens war Alfred Drüen, der das Geschäft 1984 aufgab.
Stadtarchiv Telgte

1984
Von September 1984 bis September 2003 nutzte einst das größte Drogeriemarktunternehmen Europas Anton Schlecker das Geschäftslokal im Erdgeschoß.
Susanne Pieper-Woltering

2004
Diplom Grafik-Designerin Theora Krummel leitete von Januar 2004 bis Februar 2010 Kurse in allen Maltechniken im Erdgeschoß des Hauses.
Susanne Pieper-Woltering

2010
Hildegund Denaro aus Gladbeck eröffnete im Mai 2010 im Erdgeschoß des Hauses ein Fachgeschäft für Damenmoden, das bis März 2019 existierte.
Susanne Pieper-Woltering

2019
Frau Siegrun Heitmann erwarb Ende 2019 das Wohn- und Geschäftshaus Emsstraße 1.
Das Haus wurde von 2019 bis Ende 2021 grundsaniert, es entstanden 3 Wohnungen und ein größeres Geschäftslokal im Erdgeschoss.
Siegrun Heitmann

2022
2-Rad Hansen aus Münster-Handorf, eröffneten in dem umgebauten Erdgeschoss eine Fahrradwerkstatt mit Verkauf.
Siegrun Heitmann

 

Danksagung
Ich möchte mich bei allen herzlich bedanken, die mich mit Informationen unterstütz haben, Susanne Pieper-Woltering, Siegrun Heitmann, Dr. Fred Kaspar und Stadtarchiv Telgte.

Hilmar Henke

 

Bemerkungen zu den Bildern
zu Bild 1:
Postkarte um 1905
v.l. Rathaus Markt 1, Johann Schräder Markt 2, Markt 3 und Emsstraße 1.
Die Witwe Elisabeth Stentrup ließ zum Wallfahrtsjubiläum 1904 den zum Markt hin architektonisch aufwendigen Giebel zu einem Renaissance-Giebel umbauen.

 

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